Vor rund 300 Teilnehmenden vor Ort in der Messe Freiburg sowie im digitalen Stream diskutierten am Mittwoch Vertreter*innen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft darüber, wie Cradle to Cradle skaliert werden und die Transformation hin zu einer klima- und ressourcenpositiven Wirtschaft und Gesellschaft beschleunigt werden kann.
Svenja Schulze: Notwendige Transformation ist eine Chance
“Gemeinsam verfolgen wir das Ziel, eine Wirtschaft zu stärken, die sich an der Idee des Kreislaufs orientiert. Wirtschaftliche Prozesse sollen nicht mehr vorwiegend linear verlaufen, sondern in Kreisläufen.”, sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze in ihrem Grußwort. Sie übernahm zum zweiten Mal in Folge die Schirmherrschaft der Veranstaltung. Sie betonte, dass diese Transformation dringend notwendig sei und umgesetzt werden müsse, aber nicht zwangsläufig Verzicht bedeuten müsse. “Sie ist die Chance auf eine umweltgerechtere und auch sozialgerechtere Wirtschaft und Gesellschaft. Und ich weiß, dass diese positive Vision auch die Cradle to Cradle Congresse prägt. Und das finde ich wirklich klasse”, so Schulze.
“Wir können es uns gar nicht mehr erlauben, Rohstoffe zu verschwenden”, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter im Gespräch mit Cradle to Cradle NGO. Auch sie betonte, dass Klima-und Ressourcenkrise zusammenhängen und entsprechend nur gemeinsam gelöst werden können. “Deshalb sind wir jetzt gefragt, wie wir Wirtschaften. Das gilt sowohl für den Klima- als auch für den Ressourcenschutz”, sagte sie.
“Umwelt- und Klimaschutz sind die wichtigsten Themen unserer Zeit”, sagte auch Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn. Wenngleich Freiburg europaweit als eine der grünsten Städte gelte, dürfe sich die Stadt darauf nicht ausruhen und sei immer auf der Suche nach weiteren mutigen Ansätzen, zu denen er auch Cradle to Cradle zähle. Wichtig sei, dass nicht nur weiter über Transformation gesprochen, sondern diese auch auf allen Ebenen umgesetzt werde. “Es ist so viel Wissen vorhanden, aber es fehlt an der konkreten Umsetzung, um mehr Geschwindigkeit, um mehr Mut und an der Stelle an einer realitätsnahem Umsetzung”, so Horn.
Fundamentaler Wandel von Produkten und Produktionsprozessen
Diese Umsetzung stand auch im Mittelpunkt des Diskussionspanels mit der Abteilungsleiterin Energie des DIW, Prof. Dr. Claudia Kemfert, dem stellvertretenden Hauptgeschäftsführers des Industrieverbands BDI, Holger Lösch, dem Professor für Ressourcenstrategien und Gründer der Nachhaltigkeitsberatung SystemiQ, Prof. Dr. Martin Stuchtey, sowie der Grünen Europaabgeordneten Anna Cavazzini, die dem Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz vorsitzt.
Kemfert und Lösch betonten, dass sich die Industrie bewusst sei, dass sie auch im Eigeninteresse von einer linearen zu einer zirkulären Wirtschaft kommen müsse. Noch befänden wir uns beim ersten Schritt, Emissionen zu vermeiden und zu senken, so Kemfert. “Im nächsten Schritt ist dann wichtig, dass man Rohstoffe von der Wiege zurück in die Wiege führt. Und dabei auch Unternehmen verpflichtet, diese Transparenz herzustellen”, sagte Claudia Kemfert weiter. Nur so kämen wir auf einen klimapositiven Pfad.
Dieser Pfad könne indes nicht nur durch kleinere Anpassungen erreicht werden, so Lösch. “Es geht um die Veränderung von Produktionsprozessen und Produkten. Wir müssen darüber nachdenken welchen Weg ein Produkt nimmt. Und dieser Weg sollte idealerweise möglichst kreisförmig verlaufen”, sagte BDI-Vize Holger Lösch. “Wir werden uns als Industrie auf diesem notwendigen Weg mit vielen Zielkonflikten beschäftigt müssen, aber da müssen wir durch”, fügte er hinzu.
Der langjährige Unternehmens- und Politikberater Prof. Dr. Martin Stuchtey bezeichnete es als positives Zeichen, dass sich die Industrie angesichts der Größe der Herausforderung mit Ansätzen wie Cradle to Cradle beschäftige und damit zu umfassenden Änderungen bereit sei. “Die Ernsthaftigkeit, mit der das Thema von Politik und auch Industrie aufgegriffen wird: Das hätte man vor einigen Jahren nicht erwartet”, sagte Martin Stuchtey. Und: “Nun müssen wir die systemischen Voraussetzungen für eine solch fundamentale Transformation schaffen.”
“Es ist gut, dass man auf regionaler Ebene und in Unternehmen schaut, wie man Cradle to Cradle und solche Konzepte umsetzen kann. Dazu braucht es aber auch eine starke europäische Gesetzgebung”, sagte die EU-Politikerin Anna Cavazzini. Der europäische Green Deal sei dafür ein gutes Instrument, stimmten alle vier Panelist*innen überein. Fest stehe auch, dass eine geschlossene Kreislaufwirtschaft die beim Design von Produkten und Prozessen beginne, Kern dieses Gesetzesvorhaben sei. Auch aus diesem Grund bringt sich Cradle to Cradle NGO als offizielle Partnerorganisation beim Projekt New European Bauhaus der EU-Kommission ein.
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