30 Jahre Slow Food München 30 Jahre Slow Food Deutschland
Festschrift
Als vor 30 Jahren die Visionen des Slow Food Gründers Carlo Petrini die Alpen überquerten, spielten Münchner*innen eine entscheidende Rolle.
Eberhard Spangenberg, Münchner Verleger und Weinhändler ebnete der Slow Food Idee den Weg, und gleichzeitig bildete sich eine Regionalgruppe München - die Bezeichnung „Convivium“ gab es damals noch nicht. Es dauert einige Jahre, bis Slow Food Deutschland sich organisatorisch sortiert hatte und ähnlich erging es der Münchner Abteilung. 1996 wurde aus der „Regionalgruppe“ schließlich das „Convivium München“. 2002 fand dann die nationale Mitgliederversammlung von Slow Food Deutschland in München statt. Sie war ein großer Erfolg und gab der Entwicklung unseres Vereins einen wichtigen Schub. In unserer Stadt stieg die Zahl der Mitglieder dadurch kräftig an und mit dem Philosophen und Theologen Johannes Bucej bekam das Convivium einen nicht nur für München inspirierenden und kreativen Leiter. In seiner Amtszeit wurde z. B. das »Murnau-Werdenfelser-Rind“ als Passagier in die Arche des Geschmacks aufgenommen. Um die Sache richtig voranzubringen, wurde sogleich ein Förderverein gegründet und unser Convivium darf es sich zusammen mit dem äußert engagierten Gastronomen Jürgen Lochbihler auf seine Fahne schreiben, dass die Murnauer Rinder zu einer echten Erfolgsstory gerieten. Und noch ein weiteres wegweisendes Projekt verdanken wir Johannes Bucej. Während der Milchkrise 2008 wollte er ein Zeichen setzen. In der Verbandszeitschrift des Bundes Deutscher Milchviehhalter forderte er Landwirte auf, sich zu melden, die sich mit dem Gedanken trugen, die Milchviehhaltung aufzugeben. Slow Food München, so versprach er, würde Menschen finden, die finanzielle Mittel aufbringen würden, um dem Betrieb eine Zukunft zu geben. Vorgestellt wurde das Projekt passend am Terra-Madre-Tag 2009 im Kaufmanns-Casino München. Als erster Musterbetrieb wurde der Hof des Ehepaars Haase aus dem Leitzachtal ausgewählt. Dort werden Murnau-Werdenfelser und Ziegen gehalten. Das Projekt wurde ein Erfolg – der Leitzachtaler Ziegenhof mit seiner kleinen Molkerei ist bis heute erfolgreich und stets einen Besuch wert. Aus der Idee „Städter und Bauern“ wurde die „Genussgemeinschaft Städter und Bauern e.V.“ und Marlene Hinterwinkler und Markus Hahnel trugen die Gründungsidee erfolgreich weiter. Daneben wurden in München weitere Projekte gestartet, die inzwischen längst nationale Ausstrahlung erlangt haben. Annette Rudolf und Rudolf Böhler entwickelten die Idee, Kindern Zugang zu richtigem Kochen zu ermöglichen. Ein Bauwagen wurde gekauft und zu einer mobilen Küche umgebaut. Das „Slow Mobil“ war geboren und der Verein Junior Slow betreibt dieses Projekt, das inzwischen Nachahmer in ganz Deutschland gefunden hat, bis heute mit großem Erfolg. Rüdiger Nüchtern, ein bekannter Münchner Filmemacher, leitet inzwischen den Verein Junior Slow. Bereits seit 2002 verfolgte ein weiterer Münchner, Wieland Schnürch, angeregt durch seine starke Verbindung mit Italien, unbeirrt die Idee, einen deutschen Restaurantführer nach dem Vorbild des italienischen Osteria-Führers zu schreiben. 2013 war es dann soweit und man konnte den ersten „Slow Food Genussführer“ als Buch erwerben. Auch der Oekom-Verlag, in dem das Buch erscheint, ist ein echter Münchner. Wieland Schnürch war damit nicht zufrieden und seiner und ganz vieler anderen Mitstreiter Hartnäckigkeit ist es zu verdanken, dass es seit 2020 den Genussführer auch als App für das Smartphone gibt. Daneben etablierten sich unter der Leitung von Annette Rudolf beliebte Formate wie die „Spielküche“ und die „Studentenküche“. Michael Reinhard formulierte auf nationaler Ebene – etwa für die Slow Food Messe in Stuttgart – erste grundlegende Qualitätskriterien und organisierte den Auftritt des Conviviums auf der hiesigen Messe „food&life“, natürlich streng nach diesen Kriterien. Weitergeführt wird diese Arbeit heute von Heike Winkler, die unser Convivium in der Einkaufsführer-Kommission von Slow Food Deutschland vertritt. 2008 übernahm Rupert Ebner die Leitung des Conviviums, um unsere örtliche Gruppe auf nationaler und internationaler Ebene zu vertreten. Sein Stellvertreter war damals bereits Markus Hahnel, der dann 2014 selbst die Leitung des Conviviums übernahm. Markus Hahnel initiierte und organisierte mit großem Engagement jährliche „Slow Food München Märkte“. Mit seinem Projekt „GUBE20 Kulturessraum“ hat er inzwischen einen Ort geschaffen, an dem vielfältigen Aktivitäten unseres Conviviums ein Raum zur Entfaltung geboten wird. Mitglieder des Convivium organisierten immer wieder gemeinsame Reisen ins Burgund, in die Bretagne und natürlich nach Italien: nach Gavi, ins Friaul, nach Umbrien und zum Salami machen nach Poretta Terme. Eine ganz besondere Verbindung unseres Conviviums besteht zu Slow Food Zypern. Gepflegt werden diese Beziehungen von der Mitgliederbeauftragten Anita Hauck. Auch die nationale und internationale Ebene von Slow Food stand immer im Fokus unserer Aktivitäten. Einer der Höhepunkte war zum Beispiel eine Lesung von Carlo Petrini im Literatur-Haus. Als Slow Deutschland 2010 in einer Führungskrise steckte, war es eine starke Delegation von 39 Mitgliedern aus München, die auf der Mitgliederversammlung in Würzburg mit ihren Stimmen einen Neuanfang mit der späteren Vorsitzenden Ursula Hudson ermöglichten. Seit vielen Jahren ist das Slow Food Convivium München mit derzeit 800 Mitgliedern das mitgliederstärkste Convivium in Deutschland und mit seinen 75 Unterstützern (Sponsoren) tragen wir auch in großem Maße zur finanziellen Ausstattung des nationalen Vereins bei. Mit der 30-Jahr-Feier wollen wir das Erreichte feiern und zu neuen Zielen aufbrechen. Im Mittelpunkt steht dabei, vor allem junge Menschen für die Vision „Slow Food – für gutes, sauberes und faires Essen – für alle“ zu begeistern.
Das Slow Food Convivium München im Juli 2022
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