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Newsletter September 2020

Inhalt

1. Einleitung  

2. Überblick aus Presse und Wissenschaft zu unseren Arbeitsbereichen         

         2.1 Steuerbetrug und Steuerverwaltung

         2.2 Geldwäsche und Immobilien

         2.3 Erbschaft und Vermögen

         2.4  Steuern und Entwicklung             

         2.5 Unternehmenssteuern

3. Publikationen             

4. Termine

1. Einleitung

Liebe steuerpolitisch Interessierte,

Wir stecken gerade mitten in der Vorbereitung unseres Jahrestreffens am 17. September. Nachdem wir auf dem Strategietreffen Anfang dieses Jahres Ziele für die Organisationsentwicklung festgelegt haben, wollen wir nun unsere inhaltlichen Prioritäten und Arbeitsvorhaben für die nächsten Jahre planen.

Hierbei interessiert uns auch Ihre Meinung, daher würden wir uns freuen, wenn Sie sich 3 Minuten Zeit nehmen um bei unserer Umfrage mitzumachen : Zur Umfrage

Ein zentrale Frage dabei wird sein, welche steuerpolitischen Antworten die derzeitigen Herausforderungen durch Corona, Umweltkrisen und soziale Ungleichheiten erfordern und wie diese im kommenden Wahljahr verhandelt werden. Diese Fragen diskutieren wir im Rahmen unserer virtuellen Veranstaltung mit Dr. Achim Truger, Dr. Ulrike Spangenberg und Nina Katzemich am 17. September von 17:00 – 18:30, Sie sind herzlich eingeladen sich einzuschalten. Die Einwahldaten verschicken wir nächste Woche.

Diese Woche haben wir unsere juristische Referendarin Esther Schüttpelz verabschiedet, wir danken ihr herzlich für ihren Einsatz. Zuletzt hat Sie den Blogbeitrag zu Steuern und Geschlechtergerechtigkeit geschrieben, der die Grundlage für unsere

Themenseite dazu bilden wird. In weiteren Blogbeiträgen hat sie sich mit Excess Profits Tax und dem Goldfinger-Modell beschäftigt.

2 Neues aus Presse und Wissenschaft zu unseren Arbeitsbereichen

2.1 Steuerbetrug und Steuerverwaltung

In Berlin und Frankfurt wurden Räumlichkeiten des Bundesverbandes deutscher Banken durchsucht. Es geht anscheinend um E-Mail-Verkehr des Verbands mit seinem „Maulwurf“ im Bundesministerium der Finanzen, mit dessen Hilfe man vor geplanten Maßnahmen gegen Cum-Ex-Betrug gewarnt war und diese sogar mitgestalten konnte.

Die aber wohl wichtigste Meldung in Sachen Steuerbetrug: Mitte des Monats haben Durchsuchungen drei Niederlassungen der zwei Bankhäuser Varengold und Hauck & Aufhäuser stattgefunden. Es geht um Cum-Ex-ähnliche Modelle, die auch nach 2012 Anwendung fanden. 2011 wurden zwar die wichtigsten Modelle unterbunden, die Maßnahmen gingen jedoch nicht weit genug. Auch der Bundesrechnungshof hat zuletzt vor weiterem Missbrauch im Rahmen von Cum-Fake Geschäften gewarnt.

Das BMF stand stets auf dem Standpunkt, dass es keine Hinweise auf Steuerbetrug mit Erstattung der Kapitalertragsteuer gebe und das Problem gelöst sei. Wir hatten bereits Ende 2019 im Ausblick unserer Cum-Ex-Broschüre darauf hingewiesen, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis neue Modelle mit betrügerischer Erstattung der Kapitalertragsteuer genutzt werden – falls keine systematischen Änderungen vorgenommen werden. In der Broschüre finden Sie im Übrigen auch Hintergrundinformationen zum Verbindungsmann der Bankenverbände und der Funktionsweise von Cum-Fake-Modellen.

Unterstützen Sie uns mit Ihrer Spende

Um wirksam gegen Steuerflucht, Steuervermeidung und Steuerbetrug eintreten zu können, sind wir auf Ihre Unterstützung angewiesen. Wir benötigen ein solides Fundament aus Eigenmitteln, um Unabhänigkeit zu bleiben und unsere Arbeit langfristig zu sichern - helfen Sie dieses aufzubauen. Wegen der langfristigen Planbarkeit freuen wir uns besonders über Fördermitgliedschaften, aber auch jede Einmalspende hilft uns, das notwendige Spendenziel für dieses Jahr zu erreichen.

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2.2 Geldwäsche und Immobilien

Die Financial Intelligence Unit ist theoretisch das Gehirn einer guten Geldwäschebekämpfung. Die deutsche FIU dagegen war zuletzt sogar selbst Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Untersuchungen wegen des Verdachts der „Strafvereitlung im Amt“ – also Behinderung der Strafverfolgung durch verspätete oder fehlende Weiterleitung von Verdachtsmeldungen im Zusammenhang mit dutzenden dubiosen Überweisungen von deutschen Konten nach Afrika (wahrscheinlich im Zusammenhang mit Betrugsfällen). Und auch bei dem Skandal um Wirecard machte sie keine gute Figur. Jetzt hat die FIU ihren Jahresbericht für 2019 vorgelegt und damit zumindest ein paar interessante Anregungen geliefert (mehr dazu in unserem Blog). Besonders interessant für die intensive öffentliche Diskussion um Immobilien-Geldwäsche: der Großteil der Immobiliengeldwäsche ist vorgewaschenes Geld, das oft durch lange „Waschanlagen“ auf Konten von anonymen Briefkastenfirmen landet und dann zum Kauf von Immobilien verwendet wird und weder die Verpflichteten noch die FIU können bei den verwendeten Strukturen den wirtschaftlich Berechtigten ermitteln. Dass ein gut gemachtes Transparenzregister dabei einen Unterschied machen kann, zeigt der Bericht zum (Immobilien)vermögen des libanesischen Zentralbankchefs. Über Firmen in Luxemburg hatte er bisher unerkannt knapp 100 Millionen US-Dollar u.a. in Immobilien in Deutschland investiert.

Umso schwer verständlich ist die fehlende politische Unterstützung für das deutsche Transparenzregister, die sich in der aktuellen Antwort auf eine kleine Anfrage wieder zeigt: obwohl ein großer Teil der Unternehmen durch Bußgeldverfahren zum Eintrag gezwungen werden müssen, erfolgt die Suche nach fehlenden Einträgen wegen fehlendem wirtschaftlichen Berechtigten im Handelsregister nach wie vor händisch und bis Mitte 2020 wurde wegen der zu hohen Arbeitsbelastung fast komplett auf neue Verfahren verzichtet und von den Behörden kamen seit Anfang 2020 genau 0 Unstimmigkeitsmeldungen (im Gegensatz zu den Verpflichteten die zunehmend Unstimmigkeiten melden).

Beim Gesetzesentwurf zur Umsetzung der 5. Geldwäscherichtlinie der EU (bis Ende 2020) geht das BMJV über die EU-Richtlinie hinaus (die für Deutschland diesmal wenig Neuerung bedeutet). Unter anderem ersetzt er den Vortatenkatalog durch den "all-crimes-approach". Damit wird z.B. auch das Geld auf dem vor den Steuerbehörden versteckten Konto "schmutzig". Dass dabei das größte Problem unadressiert bleibt, bringt Benjamin Vogel vom Max-Planck Institut auf den Punkt: Die Strafverfolgungsbehörden (und die Geldwäscher) müssen die Vortat kennen, damit überhaupt ermittelt werden darf. Und wegen Personalmangel wird dann meistens vor allem zur Vortat ermittelt. Das stellt die Idee der Geldwäschebekämpfung auf den Kopf: eigentlich sollten unerklärte Geldflüsse und Verschleierung durch Anwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Vermögensverwalter und andere professionelle Geldwäscher den Ausgangspunkt für Ermittlungen bilden, die dann zu den Mafiosi, korrupten Politikern und Steuerhinterziehern führen.

2.3 Erbschaft und Vermögen

Ein spannender Bericht des Wissenschaftlichen Diensts des Bundestags zeigt den Stand der Vermögensbesteuerung in den Staaten der EU und einigen weiteren großen Volkswirtschaften auf. Vermögensteuern ohne wichtige Einschränkung gibt es nur in den wenigsten Staaten, Erbschaft- und Schenkungssteuern sind hingegen weit verbreitet. Spannender als solch grobe Übersichten sind allerdings die steuerlichen Details, die der Bericht einzeln für die zahlreichen Länder aufbereitet.

Mit dem Aufruf „Wer hat, der gibt“ gibt es nun erste Coronafinanzierungsproteste auf der Straße, es geht auch um Steuern. Das linke Bündnis redet nicht um den heißen Brei und fordert unmissverständlich: „Die Reichen müssen für die Krise zahlen“. Am 19. September ruft die Initiative zu einem Aktionstag mit „Demonstrationen durch Reichenviertel“ in sechs Städten auf.

Höhere Steuern fordern auch SPD-Politiker Norbert Walter-Borjans, Kevin Kühnert und Mitglied des Finanzausschusses des Bundestags Michael Schrodi und haben gemeinsam einen Gastbeitrag zu steuerlichen Folgen der Coronakrise verfasst. Die Pandemie verdeutliche und verschärfe bestehende Ungleichheiten in der deutschen Gesellschaft. Besonders ungerecht sei die Vermögensverteilung. Die SPDler fordern daher insbesondere eine angemessene Besteuerung des Vermögens der reichsten zwei Prozent.

2.4 Steuern und Entwicklung

Eine neue Studie versucht zu errechnen, wie viele zusätzliche Tode und Armutsjahre die Coronaepidemie global verursachen wird. In den untersuchten 150 Ländern führt Corona schätzungsweise zu 4,3 Millionen verlorenen Lebensjahren. Außerdem werden wegen der Epidemie 68,2 Millionen zusätzliche Lebensjahre unter der Armutsgrenze von 1,9 Dollar pro Tag verbracht. Die Analyse zeigt ein für Armutsbekämpfung wichtiges Muster: In Ländern mit geringerem BIP führt Corona im Verhältnis zu verlorenen Lebensjahren viel stärker zu steigender Armut. Umso wichtiger scheint daher der schnelle Aufbau eines stabil finanzierten Sozialstaats in vielen Ländern des Globalen Südens.

In einem weiteren Blogartikel beschreiben wir außerdem, wie der israelische Milliardär Dan Gertler mithilfe des internationalen Finanzsektors systematisch Sanktionen im kongolesischen Bergbausektor umgeht. Schlussfolgerung: Transparenzregister müssen überall auf der Welt schneller auf- und ausgebaut werden. Aber Unternehmen müssen auch Konsequenzen fürchten, wenn sie Sorgfaltspflichten verletzen.

Eine spannende Ressource ist außerdem die OECD-Themenseite zu COVID-19. Dort gibt es unter anderem eine Zusammenstellung der steuerlichen Antworten auf die Krise der Länder der Welt.

2.5 Unternehmenssteuern

Hinter den Kulissen arbeiten sowohl OECD als auch UN (Ergebnisse vom Juni hier, nächstes Treffen 8.-9. Oktober) weiter an der großen internationalen Steuerreform. Im August gab es dazu wenig Neuigkeiten – bis auf eine (direkt widersprochene) Meldung, dass Großbritannien für ein Handelsabkommen mit den USA vorläufig auf die Anwendung der Digitalsteuer verzichten würde. Dafür ein paar Kurzmeldungen:

Die Tagesschau zeigt: die Mehrheit für die öffentliche länderbezogene Berichterstattung steht anscheinend (auch dank eines Parlamentsbeschlusses aus Österreich). Deutschland (als Ratspräsident zuständig) setzt das Thema trotzdem nicht auf die EU-Agenda. BMJV (für die Richtlinie zuständig) und BMF unterstützen den Vorschlag, BmWi blockiert still im Hintergrund.

Das britische Fair Tax Mark plant die Internationalisierung und sucht auch in Deutschland nach Ideen, Partnern und Unterstützern. Wir stehen dazu mit ihnen im Austausch.

Die Warnung in einer Studie des Third World Network (Englisch) ist nicht ganz neu, aber für die aktuelle Diskussion um die Besteuerung von Digitalunternehmen nicht zu unterschätzen: Vorschläge der WHO zu digitalen Handelsregimen (genauso wie bestehende Regeln) drohen eine ordentliche Besteuerung zu verhindern, weil sie u.a. Zölle auf Datenflüsse genauso verbieten wie Sonderbehandlungen für Offshore-Anbieter oder Regeln, die dafür sorgen, dass Daten über die Aktivitäten der Digitalunternehmen auch lokal verfügbar sind.

In einem Blog (Englisch) beschreibt Andres Knobel wie ein luxemburgisches Gericht eine Anfrage zum Informationsaustausch aus Spanien abgelehnt hat und begründet das zum einen mit einer extremen weiten Auslegung der Erkenntnisse, die vor der Anfrage vorliegen müssen um sie nicht als „fishing expedition“ zu qualifizieren. Und zum anderen – und besonders absurd – in dem es das Recht auf Privatsphäre und Datenschutz (eigentlich nur für natürliche Personen) auch auf Unternehmen ausweitet.

Für die Tax Introduction Database hat Laura Seelkopf für 220 Länder die Daten für die Einführung der sechs wichtigsten Steuerarten – darunter auch die Unternehmenssteuern – seit 1750 zusammengetragen.

3. Publikationen

Handbuch Klimaschutz: Das Buch basiert auf über 300 wissenschaftlichen Studien der letzten 10 Jahre und liefert eine erste komplette Zusammenstellung, was in allen Sektoren getan werden muss, damit Deutschland seine Klimaziele erreicht. Herausgegeben von mehr Demokratie e.V. und Bürgerbegehren Klimaschutz.

4. Termine

Für die Teilnahme an AGs bitte anmelden unter info@netzwerk-steuergerechtigkeit.de

07.09.2020; 14:00-15:00 Uhr. AG Steuern und Entwicklungszusammenarbeit

17.09.2020 12:00-18:30. Mitgliederversammlung, ab 17:00 Uhr Übertragung der Diskussionsveranstaltung

19.09.2020 Aktionstag von „Wer hat, der gibt“, mehr Infos gibt es auf der Homepage der Initiative: https://werhatdergibt.org/

09.10.2020 20:00 Uhr Mafia bei uns? – Deutschland, Oase für Geldwäsche

Die Mafia fühlt sich wohl in Deutschland; Geldwäsche wird hier leicht gemacht. Was sind die aktuellen Praktiken der Mafia bei uns – gerade auch in Zeiten von Corona? Wie funktioniert Geldwäsche und wohin verschwindet das Geld aus organisierter Kriminalität, Korruption und Steuerhinterziehung? Was könnte wer dagegen tun? Was wird getan?

Weitere Infos und Anmeldung

08.-09.10.2020 Symposium: Maßnahmen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in der Europäischen Union

Weitere Infos und Anmeldung

Netzwerk Steuergerechtigkeit

c/o WEED e.V. Eldenaer Str. 60, 10247 Berlin

Kontoinhaber: Verein zur Förderung der Steuergerechtigkeit e. V.
IBAN: DE70430609671218027200
BIC: GENODEM1GLS
Kreditinstitut: GLS-Bank

Weitere Informationen:

Link zu unserer Charta und der Link zur Satzung.

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