Trio Cénacle: Lieber Marco, Wenn man einen Blick auf dein Oeuvre wirft, stellt man fest, dass der überwiegende Teil deiner Kompositionen geschrieben wurden für Besetzungen mit Blasinstrumente. Besonders die Gattung HaFa (Harmonie und Fanfare) nimmt einen prominenten Platz in deinem Oeuvre ein. Sucht man nach Werken für Gesang, dann findet man dein Musical „Dem Alto seng grouss Rees“, „Die Mahnung der Toten“ und die Komposition „À Vianden“, die du 2017 im Auftrag des luxemburgischen Kultusministeriums verfasst und dem Trio Cénacle gewidmet hast. Macht es für dich einen Unterschied, für Instrumente oder für Stimmen zu komponieren?
Marco Pütz: Da ich aus der Bläserecke komme, habe ich viele Werke für Blasorchester aller Art und Kammermusik für und mit Bläsern geschrieben. Aber in den letzten 10-12 Jahre sind auch etwa 8 Kompositionen für Sinfonieorchester entstanden. Außer den bereits von dir genannten Werken für Gesang muss man noch „ Prae Monitio „ (1990, für Sopran und BO) und meine „ Four Earth Songs „ (2008, für Mezzosopran und BO/Fanfare) dazu zählen.
Es macht sehr wohl einen Unterschied, ob ich nur instrumental oder auch für Stimmen komponiere, nicht so sehr vom Stil her gesehen, aber beim Komponieren für Stimmen gibt es ja immer einen Text und dieser Text beeinflusst natürlich ganz wesentlich die Musik, besonders wenn man (wie ich es immer versuche zu tun) ganz „ nahe am Text „ komponiert. Voraussetzung ist natürlich, dass der Text mir entgegen kommt. Ist das der Fall und der Text lässt die nötige Inspiration zu, ist es für mich eine wahre Freude diesen zu vertonen.
Trio Cénacle: Wenn wir unser Victor-Hugo-Projekt beschreiben - worin deine Komposition „À Vianden“ eine prominente Rolle spielt - dann sprechen wir immer über den „luxemburgischen Komponisten“ Marco Pütz. Die Wahrheit ist aber, dass du seit Jahren weit über die Grenzen Luxemburgs und gar Europas bekannt bist - in meiner niederländischen Heimat gibt es kaum noch Harmonie- oder Fanfare-Orchester, die keine Werke von dir im Repertoire haben. Und auch die Liste mit internationalen Auszeichnungen und CD-Aufnahmen ist beeindruckend. Was bedeutet Komponieren für dich, und ist es eventuell so etwas wie ein ununterbrochenes Suchen nach der einen Idee, das eine Motiv, und woher holst du deine Inspiration?
Marco Pütz: Ich darf heute sagen, dass ich mir einen gewissen Erfolg und Bekanntheitsgrad mit meinen Kompositionen erkämpft habe. Gute Verlage (De Haske, Bronsheim Music, Lemoine, Kunzelmann, Edition Peters . . .) sind keine Selbstverständlichkeit und sind für mich auch immer eine Verpflichtung und Ansporn für gute (und bessere) Werke.
Komponieren ist für mich die Möglichkeit, mich nach außen so äußern zu können, wie ich mich - während der Dauer des jeweiligen Kompositionsvorgangs - in meinem Innersten fühle. Das kann zwischen tief betrübt und froh und heiter sein, oder irgendwo dazwischen. Das kann ich meistens nicht vorher bestimmen, ebenso wenig, wie kein Mensch im voraus bestimmen kann, ob der nächste Tag gut, mittelmäßig oder gar schlecht verlaufen wird. Wie gesagt, bei Kompositionen für Gesang ist das anders: hier bestimmt der Text die Stimmung, in die ich mich dann nach und nach versetzen muss, damit die Musik dem Text gerecht werden kann.
Inspiration kann aber auch erst nach längerem Suchen kommen: ich höre mir sehr viel Musik, meist von mir zuvor unbekannten Komponisten an und versuche dabei stets (ohne die Partitur zu besitzen!) ihre Geheimnisse der musikalischen Kommunikation (über Klang, Stimmführung, Harmonik, Orchestration) zu lüften und dabei Erkenntnisse zu gewinnen, die mich weiter bringen können.
Spannung pur . . .
Trio Cénacle: Der aufmerksame Musikhörer ist in der Lage, Kompositionen verschiedenster Komponisten am Klang wiederzukennen. Man kann sagen, dass ein Komponist sein eigenes Idiom, seine eigene Sprache hat. Wie würdest du deine musikalische Sprache umschreiben, und würdest du sie einen bestimmten Stil zuordnen?
Marco Pütz: Ja, ich finde, dass jeder Komponist an seinem eigenen Stil wiedererkannt werden sollte. Ich denke, dass es dabei sehr wichtig ist, sich als Komponist bei der Stilfindung nie zu verbiegen oder gar zu verleugnen, da sonst jede musikalische Ehrlichkeit verloren geht.
Es wäre vermessen, meinen eigenen Stil als „ Pütz-Stil „ zu bezeichnen, aber dennoch macht es mir immer wieder Freude, wenn ich den Satz „ das ist wieder ein richtiger Pütz" höre. Es ist eigentlich das schönste Kompliment, weil es eine Bestätigung dafür ist, meinen eigenen erkennbaren Stil gefunden zu haben. Ich selbst würde sagen, dass ich meinen eigenen Stil vor etwa 30 Jahren fand.
Meine Musik würde ich am ehesten als postmodern bezeichnen. Meiner Meinung nach ist der Ausdruck in der Musik das Allerwichtigste und nicht die Bearbeitung eines bestimmten musikalischen Materials. Musik sollte nicht am Publikum vorbei komponiert werden.
Vielen Dank, Lieber Marco, für das schöne und offene Gespräch!
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