Stadtrat Jan Gehrke
Auszüge aus der Rede zum städtischen Haushalt 2021, gehalten am 19.11.2020:
Meine Damen und Herren, wir befinden uns, das wissen wir alle, in einer schwerwiegenden Krise. Ich bin aber überzeugt, dass wir diese Krise gemeinsam durchstehen werden. Und ich möchte auch an dieser Stelle allen danken, die sich in diesen Monaten bis zur Erschöpfung einsetzen für die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger, für die Genesung von Bürgerinnen und Bürgern, und für die tägliche Versorgung von uns allen in unserer Stadt.
Krisenzeiten, davon bin ich aber auch überzeugt, sind nicht nur eine sehr große Herausforderung, sondern sie sind immer auch eine Gelegenheit – nämlich eine Gelegenheit, grundsätzlich über die Zukunft der Gesellschaft und damit auch die Zukunft der Stadtgesellschaft nachzudenken. Und deshalb möchte ich ein paar Schwerpunkte in den Mittelpunkt dieser Haushaltsrede stellen. Ich möchte deutlich machen, wo wir andere Schwerpunkte setzen als die Ratskooperation von SPD und CSU. (...)
Ich möchte zwei Stichworte in den Mittelpunkt stellen: das eine ist das Wort Leere (mit Doppel-„e“). Und das andere ist die Frage, welche Lehre (mit „eh“) wir daraus ziehen. Wir haben leere Kassen und die Frage ist, welche Lehre ziehen wir daraus? Ich möchte zitieren, was der Journalist Martin Damerow auf nordbayern.de am 26. Oktober geschrieben hat: „Wenn die Regierungen der Welt nur einen Bruchteil dessen, was sie zur Bewältigung der COVID-Krise in die Wirtschaft pumpen, für eine grüne Energiewende ausgeben, würden wir die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens locker einhalten. Anders ausgedrückt: Das Geld, das wir brauchen, um unseren Planeten langfristig bewohnbar zu halten, ist vorhanden. Die Frage ist, ob wir dem Gebot der Vernunft folgen oder eher das Diktat der Ökonomie in den Mittelpunkt stellen.“
Wir haben in unserer Stadt neben leeren Kassen auch immer mehr Leere in den Gärten und Grünflächen. Die Artenvielfalt, das wissen wir alle, geht zurück. Wir erkennen an, dass die Stadt in Klimaschutz investiert, wir erkennen an, dass die Stadt auch in Energiewendeprojekte investiert. Aber es schmerzt uns, wenn bestimmte Stellen nicht geschaffen werden, die von der Verwaltung beantragt wurden, die aus unserer Sicht keinen Aufschub dulden, weil einfach Klimaschutz keinen Aufschub duldet. (...)
Wir freuen uns, dass in diesem Jahr die Anzahl der Stellen für die Radwegeplanung bzw. Radverkehrsplanung deutlich aufgestockt wird. Wir haben das in den vergangenen Jahren sehr moderat immer wieder gefordert, und es wurde stets abgelehnt. Insofern freuen wir uns, dass es jetzt geschieht. Aber den Radwegebauetat halten wir immer noch für deutlich zu niedrig. Und ich muss schon sagen, wenn wir hören, was an Millionen in den Erhalt des Flughafens gesteckt werden soll, dann sind die 9,7 Millionen Euro, die laut nationalem Radwegeplan für eine Stadt der Größe Nürnbergs angemessen wären, um den Radverkehr voranzubringen, nur ein paar wenige Millionen mehr als das, was die Ratskooperation jetzt langsam aufbaut, bevor Sie dann irgendwann – hoffentlich – tatsächlich in zwei oder drei Jahren bei zehn Millionen Euro pro Jahr ankommen. Wir halten hier den Maßstab einfach für verschoben und falsch.
Und wir sind weiterhin der Meinung, dass der Frankenschnellweg-Ausbau nicht erfolgen sollte. Wir sagen: nicht aufschieben, sondern aufgeben! Es ist ein falsches Signal in dieser Zeit. Wir brauchen eine Verkehrswende – auch das gilt als Investition in die Zukunft der Gesellschaft – und nicht Erhalt von Projekten, die schon lange eigentlich nicht mehr aktuell sind.
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