Gedanken zur Wochenmitte

Allegra!

Liebe Leserin, lieber Leser

Vielleicht erreichen Sie diese «Gedanken zur Wochemitte »an dem Tag, an dem Sie aus den Ferien zurückgekehrt sind und Ihr Mail-Postfach durchforsten. Oder Ihre Ferien liegen schon länger zurück – aber in Ihren Erinnerungen noch wach.

Eine meiner Buchentdeckungen in diesem Sommer (jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe, ist es bei uns zwar nur etwas mehr als 16 Grad «warm» und es regnet...) ist «Das kleine Buch der kognitiven Irrtümer». 

Es beschreibt, wie unser Denken uns immer wieder Streiche spielt. Solche, die (oft) unentdeckt bleiben und solche, die in der Psychologie, beim Lernen und zum Beispiel im Marketing gezielt eingesetzt werden.

Für Sie habe ich aus dem Kapitel über die (trügerischen) Erinnerungen (im wahrsten Sinn des Wortes) Merkwürdiges zusammengefasst.

Ich wünsche Ihnen viel Spass und gute Erkenntnisse

Freundliche Grüsse

Ihre Dorothe Kienast

Wenn die Ferien nur noch Erinnerung sind

«Menschliche Erinnerung ist immer subjektiv und nie in der Lage, die Vergangenheit korrekt abzubilden.»

Unsere Erinnerung wird oft dadurch geprägt, was wir vor einem Erlebnis gehört, gesehen, gerochen oder geschmeckt haben. «Priming» nennt man diesen Effekt. Untersucht hat man das Erinnerungsvermögen an das gefühlte Tempo von Fahrzeugen bei einem Unfall. Das geschätzte Tempo wird von Unfallbeteiligten und Zeugen höher eingeschätzt, je dramatischer die Frage nach den Unfallfolgen für die involvierten Autos eingeführt wurde: 

• smashed (übersetzt etwa, Fahrzeug wurde beim Unfall «zertrümmert») 40,8 mph (Meilen pro Stunde)

• collided («aufeinandergeprallt») 39,3 mph

• bumped («zusammengestoßen») 38,1 mph

• hit («angestossen») 34,0 mph

• contacted («berührt») 31,8 mph

Spannend ist auch der Positivitätseffekt: In der Erinnerung wird die «gute alte Zeit» oft kollektiv positiv hervorgehoben. Dabei weiss man, dass auch beispielsweise in den Jahren des Wirtschaftswunders ebenso viel Leiden auf der Welt war als zu einer anderen Zeitepoche.

Leider gilt auch das Gegenteil: Negative Ereignisse fallen den meisten Menschen später eher wieder ein als positive.

Haben Sie auch Besserwisser in Ihrem Umfeld, die «es schon immer gewusst haben»? Meistens unterliegen diese Menschen einfach dem sogenannten «Rückschaufehler»: Die damalige Wahrnehmung wird oft schlicht und einfach falsch erinnert, nämlich mit dem Wissen, das man erst später erworben hat ...

Eine Binsenwahrheit ist, dass Erinnerungen oft mit Emotionen zu tun haben: Was mit Gefühlen oder sensorischen Besonderheiten zu tun hat, wird besser erinnert. Erinnern Sie sich zum Beispiel auch noch an den Duft des Duschgels, das Ihnen in einem besonders schönen Hotel zur Verfügung gestellt wurde?

Was lernen wir daraus?

Zum Beispiel: Gestalten Sie die Zeit vor dem Ferienbeginn bewusst. Planen Sie frühzeitig; gestalten Sie den letzten Arbeitstag, den letzten Tag daheim, das Packen des Autos, den Weg zum Flughafen bewusst mit so wenig Stress wie möglich. So sorgen Sie für mehr Resilienz, falls etwas schief läuft. Und Ihre Erinnerungen sind mit positivem «Priming» bereits auf positiv getrimmt.

Oder: Gönnen Sie sich für die Ferien ein besonderes Dusch-Gel oder im Winter einen besonderen Tee, den Sie sonst nicht verwenden. Bewusst können Sie den Duft dann einsetzen, wenn Sie sich mental in die Ferien zurückversetzen möchten.

 

Guido Wenski: Das kleine Handbuch kognitiver Irrtümer. Denkfehler vermeiden – mit Psychologie & Verhaltensökonomik. Springer-Verlag

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