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Newsletter 5/2020

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Inhalt

1. Einleitung  

2. Überblick aus Presse und Wissenschaft zu unseren Arbeitsbereichen

         2.1 Unternehmenssteuern        

         2.2 Vermögens- und Erbschaftssteuer

         2.3 Steuern und Entwicklung

         2.4 Steuerbehörden und Steuerbetrug        

         2.5 Geldwäsche

3. Publikationen             

4. Termine

1. Einleitung

Liebe steuerpolitisch Interessierte,

Wir haben unserer Homepage einen neuen Look verpasst, einige Seiten überarbeitet (neu: Arbeitsgruppen und Mitarbeit) und unseren Blog in die Homepage integriert. Das scheint gut anzukommen – unsere Besucher*innenzahlen haben sich vervielfacht. Wir freuen uns, dass wir unserem Ziel näher gekommen sind, eine breite Zielgruppe zu erreichen. Und wir sind noch längst nicht fertig: Als nächstes auf dem Plan steht die übersichtliche Darstellung unserer Inhalte und Ziele auf den neuen Themenseiten. Außerdem wollen wir eine übersichtliche Infothek einrichten, in der alle Veröffentlichungen gesammelt werden und nach Themen und Format filterbar sind.

Unser ansonsten dreiköpfiges Team hatte im letzten Monat glücklicherweise gleich doppelte Unterstützung: Steffen Redeker hat ein sechswöchiges Praktikum bei uns absolviert und an der Lufthansa-Studie mitgearbeitet sowie sich europäische Steueroasen für uns angeschaut (Veröffentlichung der Ergebnisse im Herbst). Esther Schüttpelz absolviert bis Ende August ihr Rechts-Referendariat bei uns. In ihrem ersten Blogbeitrag fasst sie die Diskussion zu Übergewinnsteuern zusammen.

2. Überblick aus Presse und Wissenschaft zu unseren Arbeitsbereichen

2.1 Unternehmenssteuern

Krisengewinner (sprich Amazon & Co.) stärker besteuern – eine spannende Idee aus den USA kommt jetzt langsam auch in Deutschland an. In unserem aktuellen Blog beschreibt Esther Schüttpelz die historischen Vorbilder und die verschied-

enen Modelle einer Übergewinnbesteuerung. Und sie ist sogar in Deutschland fündig geworden. In der Ölpreiskrise wurde die Idee auch hierzulande diskutiert. Entwicklungsminister Müller (CSU) hat sich jetzt in der FAZ dafür ausgesprochen. Vielleicht auch eine Idee für das dritte Corona-Paket von Olaf Scholz, wenn es mit seiner internationalen Unternehmenssteuerreform länger dauert und er – anders als z.B. die Franzosen – ohne Digitalsteuer dasteht?

Die Debatte der letzten Tage um die internationale Unternehmenssteuerreform der OECD zeigt mal wieder, wie wichtig ein Plan B ist. Das klang ungefähr so:

  • US Handelsbeauftragter Lighthizer: „Wir steigen aus den OECD-Verhandlungen aus.“

  • Pressesprecherin Crowley, US-Finanzministerium: „Wir wollen nur eine Pause.“

  • Frankreich und EU: „Wir machen trotzdem weiter und haben ja noch unsere Digitalsteuer.“

  • Pascal St. Amans, OECD: „Es geht vor allem um die US-Präsidentschaftswahl am 3. November. Die US-Unternehmen verhandeln trotzdem weiter mit uns, aber der Termin wird knapp. Vielleicht machen wir erst mal nur Pillar 2 (Mindeststeuer)“.

  • Gerade veröffentlichtes Programm der deutschen Ratspräsidentschaft: ohne OECD-Konsens auch keine EU-Digitalsteuer.

David Böcking vom Spiegel setzt auf die EU, die nun ohne Beteiligung der USA einfach ein wirksameres Paket schnüren sollte als bisher angedacht. Damit Deutschland nicht bald ohne Plan dasteht, hier in unserem Blogbeitrag die Gedanken von Alex Cobham (TJN) zum weiteren Reformprozess – übersetzt und leicht gekürzt. Mit dabei: die Übergewinnsteuer und die UN.

Dass große und schnelle Maßnahmen möglich sind, hat die Bundesregierung mit den gerade verabschiedeten Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz gezeigt. Darin versteckt finden sich auch einige alte und neuere Forderungen der Unternehmensverbände, meistens aber eingeschränkt und befristet. Die Stellungnahme des DGB fasst die verschiedenen, kritikwürdigen Aspekte aus Perspektive der Steuergerechtigkeit gut zusammen.

2.2 Vermögens- und Erbschaftssteuer

Unsere AG Vermögen und Erbschaft beginnt, sich für den Bundestagswahlkampf 2021 aufzustellen. Im Januar kommen wir mit weiteren Expert*innen und Multiplikator*innen zusammen, um gemeinsam ein Forderungspapier zu erarbeiten und bewerben. Ziel ist, endlich auch Vermögen in Deutschland adäquat zur Staatsfinanzierung heranzuziehen und so ungerechte Disparitäten in Lebenschancen und wirtschaftliche Ineffizienzen zu bereinigen. Wir werden die drei großen Optionen Vermögensteuer, reformierte Erbschaftsteuer und verfassungsgerechte Vermögensabgabe abwägen und in ein Gesamtkonzept integrieren.

In einer Reihe spannender Events hat sich die London School of Economics dem Thema Vermögensbesteuerung gewidmet. Neben einer auf die Besteuerung in Großbritannien fokussierten öffentlichen Veranstaltung gab es einige Seminare. Ein Highlight war die Besprechung der spanischen Vermögensteuer, die durch vermeidbare Schlupflöcher nur begrenzt wirksam ist – mit einer Steuerlücke von 44 Prozent! Außerdem: Vor den neuen Formen des internationalen Informationsaustauschs haben Steuerprüfungen des US-amerikanischen IRS praktisch nie im Ausland verstecktes Vermögen aufgedeckt. Seit den neuen Austauschstandards FATCA und CRS sind Deklarationen rasant angestiegen, was auch für Deutschland vorsichtig optimistisch stimmt (eine Netzwerk-Studie zu dem Thema wird später im Jahr veröffentlicht).

2.2 Steuern und Entwicklung

Steuergerechtigkeit, Corona und der globale Süden. So lautet der Name des Positionspapiers, das unsere AG Steuern und Entwicklung diesen Monat veröffentlicht hat. Die Gesundheitssysteme in vielen Ländern des Globalen Südens sind dem Virus nicht gewachsen: Durch die Bekämpfung

der Coronaepidemie treten Probleme mit anderen Krankheiten auf, Sachhilfen kommen durch unterbrochene Transportketten oft zu spät in betroffenen Gebieten an. Viele einkommensschwache Staaten brauchen daher sowohl kurzfristige Hilfen als auch – der Fokus des Papiers – eine Stärkung der Steuereinnahmen, um sich auf lange Sicht für Krisensituation zu wappnen. Ähnliche Ansätze verfolgt auch die Expertenkommission ICRICT in einem Forderungspapier; einige konkrete Vorschläge für neue Steuern macht zudem das Center for Global Development, die denen aus unserer Broschüre zu Steuern in der Entwicklungszusammenarbeit ähneln.

Auch in afrikanischen Staaten führt die Coronakrise zu einem Wachstum des Onlinehandels – auch und gerade in Afrika bestehen jedoch Probleme mit der Besteuerung von grenzüberschreitendem Handel durch Digitalunternehmen wie Amazon und Jumia. Mustapha Ndajiwo zeigt in einer neuen Studie auf, dass kurzfristig Einnahmen durch die konsequente Anwendung von Mehrwertsteuern auf digitale, grenzüberschreitende Dienstleistungen generiert werden können. Ultimativ sollten sich afrikanische Staaten jedoch auf progressive, direkte Steuern auf Gewinne der Digitalunternehmen konzentrieren (mehr zur internationalen Reform der Unternehmensbesteuerung unten).

Die deutsche Aufarbeitung der Luanda Leaks schreitet voran: Das Bundeskriminalamt hat Ermittlungen gegen die staatliche Bank KfW IPEX aufgenommen. Grund ist deren Finanzierung der angolanischen Brauerei Sodiba, die zum Firmenimperium der unter starkem Korruptionsverdacht stehenden Tochter des ehemaligen angolanischen Präsidenten und reichsten Frau Afrikas gehörte: Isabel dos Santos.

2.4 Steuerbehörden und Steuerbetrug

Bezüglich Cum-Ex mahlen die Mühlen der Justiz weiter. Ein beschuldigter Banker wurde kürzlich beim Luxusurlaub in St. Tropez festgenommen. Zwei weitere gesuchte Beschuldigte haben angekündigt, sich freiwillig zu stellen. Währenddessen rutscht die „Spitzenkanzlei“ Freshfields weiter in den Sumpf: Ein weiterer ehemaliger Partner wurde der Beihilfe zur mit-täterschaftlichen schweren Steuerhinterziehung angeklagt.

Auch die Gerichte kommen langsam voran. Das Landgericht Wiesbaden will scheinbar am 20. Oktober die Verhandlungen aufnehmen. Angeklagt ist unter anderem einer der vermeintlichen Drahtzieher der illegalen Geschäfte in Deutschland: der Anwalt Hanno Berger. Der „Mann des Rechts“ Berger hat sich allerdings dauerhafte Verhandlungsunfähigkeit attestieren lassen.

Starke Öffentlichkeit wurde, mal wieder, dem Thema Verjährung von Cum-Ex-Fällen zuteil. Die Problematik und die Verbesserungsvorschläge des Bundes- ministeriums der Finanzen haben wir auf unserem Blog aufbereitet.

Geradezu skandalös ist zudem die Meldung, dass dem BZSt seit 2009 eine Liste mit potenziellen Cum-Ex-Akteuren vorlag, die sie erst dieses Jahr an die Ermittler weiterleitete. Kein Wunder, dass bei solchen Praktiken Verjährungsgefahr – und Staatsversagen – in aller Munde ist.

2.5 Geldwäsche

Das Tax Justice Network hat umfangreiche Daten über die Herkunfts- und Zielländer von grenzüberschreitenden Bankeinlagen, Investitionen und Handelsflüssen grafisch schön aufgearbeitet und mit dem Schattenfinanzindex verknüpft. So kann man für jedes Land nachschlagen, mit welcher Geheimnisoase besonders große Geschäftsbeziehungen bestehen. Für Deutschland sind das wenig überraschend die Niederlande, Luxemburg und die Schweiz (mehr Daten zu Deutschland: https://iff.taxjustice.net/#/profile/DEU). Mindestens genauso spannend sind die nach Ländern aufgeschlüsselten Zahlen zum automatischen Informationsaustausch, die die Bundesregierung nach langem Hin und Her endlich veröffentlicht hat. Die Auswertung der Tagesschau dazu gibt es hier, die Originaldaten hier.

Neuer Ärger bei der FIU: Vor knapp zwei Jahren war Christof Schulte angetreten um die Geldwäschebekämpfung in Deutschland besser zu machen. Wichtiger Bestandteil davon: eine risikobasierte Auslese der vielen Verdachtsmeldungen und bessere internationale Zusammenarbeit. Weil sie den (anscheinend immer noch oft schlechten) Analysen und Aussortierungen der FIU nicht trauen, sprechen einige Vertreter der Strafverfolgungsbehörden von „Strafvereitelung im Amt“. Auswertungen für die nationale Risikoanalyse zeigen aber: Das war vorher auch nicht viel besser. Viel zu selten wurden und werden in Deutschland professionelle Geldwäscher verfolgt, wie es in anderen Ländern der Fall ist, und stattdessen fast immer nur kleine Handlanger bestraft. Das Problem liegt offensichtlich noch tiefer.

3. Publikationen

Positionspapier AG Steuern und Entwicklung: Steuergerechtigkeit, Coronakrise und der globale Süden (6 Seiten).

Studie: LobbyControl/ Corporate Europe Observatory (CEO): Die deutsche Ratspräsidentschaft - Industrie in der Hauptrolle.
Hier geht es direkt zu unserem Beitrag: Geheimniskrämerei - Der Kampf der deutschen Unternehmen gegen die Steuertransparenz (5 Seiten).

4. Termine

Für die Teilnahme an AGs bitte anmelden unter info@netzwerk-steuergerechtigkeit.de

22.07.2020, 11:00 Uhr; Videokonferenz

Arbeitsgruppe Steuern und Entwicklung

12.08.2020, 20:00 - 23 Uhr Uhr; "Never Whistle Alone" - Freiluftkino

Never Whistle Alone (IT, 2019, 75m, Regie: Marco Ferrari) ist die kollektive Geschichte von sieben italienischen Whistleblowern. Der Film will den diskriminierenden Umgang mit Whistleblowern aufdecken, der in unserer Kultur verwurzelt ist: Die Menschen, die Wirtschaftskriminalität anzeigen, werden, anstatt geschätzt zu werden, wie Verräter behandelt und letztlich zu Opfern ihrer eigenen Organisationen. (Marco Ferrari, Filmregisseur).

Anmeldung hier.

Netzwerk Steuergerechtigkeit

Eldenaer Str. 60; C/O WEED e.V; 10247 Berlin

netzwerk-steuergerechtigkeit.de

Spenden sind steuerlich absetzbar.

Spendenformular

Konto:  Verein zur Förderung der Steuergerechtigkeit e. V.
IBAN: DE70430609671218027200
Kreditinstitut: GLS-Bank

Charta und Satzung.

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